Nicht nur Suchmaschinenmarketing (SEM), sondern auch das Influencer-Marketing ist in aller Munde. Es wird auch Multiplikatoren-Marketing oder „The New King of Content” genannt und ist eine Disziplin des Onlinemarketings. Dabei werden Influencer (Meinungsmacher) von Unternehmen beauftragt, ein bestimmtes Produkt auf verschiedenen Kanälen zu bewerben. Ziele sind dabei meist eine Steigerung des Verkaufs, der Bekanntheit und Reichweite, die Generierung von Leads und Anfragen oder eine Verbesserung des Images einer Marke. Außerdem kann Influencer Marketing bei einer Produkteinführung dazu genutzt werden, um neue Produkt bei der Zielgruppe zu platzieren. Ein weiterer wichtiger Faktor ist der Branding-Effekt: Durch Influencer wird das Image eines Unternehmens mitgeprägt.
Der perfekte Influencer
Influencer sind nicht einfach nur Instagramer oder Youtuber, sondern Personen mit einer großen Reichweite, Ansehen und Einfluss. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie in ihrer Community als Experten gelten. Dieses Expertenstatus haben sie sich durch Vertrauenswürdigkeit und Konsistenz erarbeitet.
Als Influencer eignen sich Blogger, Social Media Influencer und Journalisten oder Redakteure. Laut des Technorati Digital Influence Reports sind 86% der Influencer aktive Blogger. Wichtig ist, dass der Influencer Storytelling beherrscht, denn eine gute Geschichte in Form eines Erlebnis- oder Erfahrungsberichtes rund um ein Produkt zu erzählen macht den Einfluss eines Influencers aus. Erfolgreiche Influencer haben eine große Anzahl von treuen Lesern, Abonnenten, Followern etc. und die Beiträge werden nicht nur abgerufen, sondern weisen auch eine hohe Interaktionsrate (Engagement Rate) auf.
Warum macht man Influencer Marketing?
95% der Werbung ist unkreativ. Das sagen nicht wir, sondern Amir Kassaei, weltweiter Kreativchef der Agenturgruppe DDB. Außerdem würden 89% der Werbung von Kunden überhaupt nicht wahrgenommen. Bei diesen Zahlen ist es nicht verwunderlich, dass sich Werber etwas Neues überlegen müssen, um ihre Kunden zu erreichen. Ein Schritt in diese Richtung ist das „Native Advertising“. Dabei werden bezahlte Beiträge als Text, Video oder Ähnlichem in themenrelevanten Foren, Blogs und Seiten platziert. Optisch und inhaltlich passen sie sich an das Umfeld an – die Werbung ist kaum als solche erkennbar. Das ist deswegen ein Vorteil, weil nach einer Umfrage der Werbewirkungsforscher von IMAS Nutzer Online-Werbung als „nutzlos, langweilig und nervig“ empfinden.
Darum ist Influencer Marketing einer der präsentesten Trends in der digitalen Geschäftswelt. Warum es so gut funktioniert? Eine Studie des globalen Datenanalyseunternehmens Nielsen belegt, dass 83% aller Konsumenten persönlichen Empfehlungen mehr vertrauen als allen anderen Werbeformen. Daher werden Werbebotschaften von Influencern als glaubwürdiger eingeschätzt. Ein weiterer Vorteil für das Unternehmen ist, dass es die Informationen nur an den Influencer weitergeben muss, und nicht an die breite Masse von Kunden. Dieses Phänomen wird auch mit dem Begriff „Social Proof“ bezeichnet. Sozial bewährt ist ein Verhalten, das auch viele andere (potenzielle) Kunden an den Tag legen. Das beeinflusst die Kaufentscheidung enorm.
Marktanalysen haben außerdem ergeben, dass bei einer Zunahme von 10% der Mundpropaganda-Empfehlungen die Verkaufszahlen um 1,5% in die Höhe gehen. Durch den Kontakt mit den richtigen Influencern wird nicht nur die Bekanntheit einer Marke gesteigert, sondern die Zielgruppe interagiert mit der Marke.
Seine Ursprünge hat das Influencer Marketing in der Psychologie. Der Psychologe und Wirtschaftswissenschaftler Robert Cialdini prägte den Begriff des „Influencers“ bereits 2001 in seinem Buch „Influence: Science and Practice“. Die wichtigste Kernaussage lautet, dass Menschen relativ leicht beeinflussbar sind.
Horrende Summen für Influencer – Mythos oder Wahrheit?
Je nachdem, welche Reichweite ein Influencer vorweisen kann, werden von vielen Firmen für ein einziges Bild mehrere tausend Euro bezahlt. Was auf den ersten Blick viel erscheint, relativiert sich, wenn man bedenkt, wieviel eine klassische Werbekampagne ein Unternehmen kosten kann. Kaum verwunderlich also, dass laut Statista 68% der deutschen Unternehmen im Jahr 2017 ein Budget für Influencer eingeplant hatten. Und die Auswahl ist groß: laut einer Studie von fischerAppelt gelten 4,5 Millionen Deutsche als Influencer. Die erfolgreichste Influencerin Deutschlands ist Bianca Heinicke mit ihrem YouTube-Channel „BibisBeautyPalace“. Ihre Honorare belaufen sich laut Manager Magazin auf über 100.000 Euro pro Monat. Außerdem ist sie mit der Kosmetiklinie „bilou“ auf den Zug der Joint Ventures aufgesprungen, denn immer mehr Influencer bringen ihre eigenen Produkte auf den Markt und bauen so ihre Bekanntheit weiter aus.
Ganz andere Dimensionen findet man hingegen in den USA: Influencerinnen wie Selena Gomez (132 Mio. Abonnenten auf Instagram) oder Kim Kardashian (102 Mio.) sollen pro Post bis zu 550.000 USD bekommen. Der Sales Push ist jedoch außergewöhnlich: fast jeder dritte Follower hat schon einmal ein Produkt aus einem Influencer-Post nachgekauft.
Erfolgsfaktoren des Influencer Marketings
- Die richtige Zielgruppe mit dem richtigen Influencer zu erreichen
- Eine langfristige Planung und Kooperation, damit der Influencer genug Zeit hat, sich eine Geschichte zum Produkt zu überlegen
- Authentizität – der Influencer muss Teil der Kernzielgruppe sein oder dort als Experte anerkannt werden. Darum muss der Auftraggeber gewisse Freiheiten einräumen, um die Kampagne authentisch wirken zu lassen.
- Der Influencer sollte sich mit dem Produkt identifizieren können.
- Man soll sinnvollen Content bieten, und nicht nur flache Werbung.
Die 4 Phasen des Influencer Marketings
- Als ersten Schritt sucht ein Unternehmen sich den passenden Influencer, vereinbart ein Honorar mit ihm und bespricht die Kampagnendetails.
- In der nächsten Phase werden manchmal über Lizenzkooperationen oder Joint-Ventures gemeinsam mit den Influencern neue Produkte entwickelt. Ein Beispiel für eine groß angelegte Kooperation ist H&M, die mit „Nyden“ eine eigene Dachmarke für Influencer-Linien erschaffen hat.
- Im Falle von Bianca Heinicke und „bilou“ kommt Stufe 3 zum Tragen: weil die Fangemeinde des Influencers mit der Zielgruppe des Unternehmens übereinstimmt, entsteht aus der Kooperation eine neue Marke.
- In Phase 4 verschwindet das Unternehmen, da der Influencer Produkt und Marke zugleich ist. Dies ist natürlich die beste (weil unterschwelligste) Form der Werbung. Hier ist als Beispiel zum Beispiel Sophia Thiel zu nennen, die unter dem Namen „Fitness by Sophia Thiel“ eines der erfolgreichsten Fitnesskonzepte Deutschlands vertreibt.
Worauf man bei Influencer Posts achten muss
So unterschwellig die Werbung mit Influencern auch ist, sie muss laut den Richtlinien der FTC (Federal Trade Commission) trotzdem gekennzeichnet werden. Dies geht am Einfachsten durch die Hashtags #ad oder #sponsored. Eine Variante, die weniger spammy ist, wäre zum Beispiel #vabelhavtpartner. Die Verantwortung der Kennzeichnung obliegt aber nicht nur dem Influencer. Auch der Auftraggeber sollte darauf achten, jeden Post auf die entsprechenden Hashtags zu überprüfen. Auf Instagram gibt es auch die Branded Content Expansion, mit der man eine Partnerschaft gleich als solche anzeigen lassen kann.
Auch wenn viele beim Influencer Marketing sofort an Instagram denken, sollte man die anderen Social Media Kanäle nicht vergessen. Viele Influencer sind auf mehreren Kanälen vertreten. Wenn bei einem Influencer die Aufträge auf Instagram nur so hereinpurzeln und die Preise demensprechend in die Höhe schnellen, kann das auf Facebook oder Twitter schon wieder ganz anders aussehen. Somit kann man den ROI (Return of Investment) steigern, indem man weniger investiert, aber mehr Conversions (Umwandlungen) erzielt.
Warum Erfolgsmessung hilft, um Betrug vorzubeugen
Leider lauern auch unter den Influencern schwarze Schafe. Ein Betrug in großem Maße wurde von der New York Times aufgedeckt: die Firma Devumi soll Sportlern, Politikern und Schauspielern über 200 Mio. Follower vermittelt haben. Im Nachhinein stellte sich jedoch heraus, dass diese Follower keine echten Personen, sondern Bots waren.
Daher ist es umso wichtiger, dass Influencer ihre Erfolge nachvollziehbar dokumentieren. Denn auch wenn Influencer die neue eierlegende Wollmilchsau sind, sollte man sich nicht blind auf sie verlassen und ihre Erfolge überprüfen. Dies funktioniert am besten mithilfe von UTM-Parametern (Urchin Tracking Modul). Mit ihnen kann man über Google Analytics kampagnenspezifisches Tracking vornehmen. Das bedeutet, dass der Influencer einen Link mit einem solchen Parameter versieht. Infolge kann über Google Analytics getracked werden, woher der User kam. Das ist vor allem für die Optimierung der Conversion-Rate sehr hilfreich. Man kann damit aber nicht nur nachverfolgen, von welcher Seite der Nutzer kam, sondern zum Beispiel auch, ob er in einem Newsletter auf das Bild oder den Textlink geklickt hat.
Eine weitere beliebte Methode der Erfolgsmessung sind Promocodes. Diese funktionieren denkbar einfach: die Influencer geben unter ihrem Post einen Promocode an, mit dem der User bei einem Kauf einen Rabatt bekommt. Wenn diese Codes dann eingelöst werden, kann man somit direkte Rückschlüsse auf den Influencer ziehen.
Auch Branded Hashtags sind eine gute Trackingmöglichkeit. Dabei verwenden Firmen bestimmte Hashtags, die die User zum Mitmachen anregen und möglichst einprägsam sind, wie #ShareACoke.
Die Kennzahlen, die im Zusammenhang mit Influencer Marketing von Bedeutung sein können, sind sehr unterschiedlich. Wenn das Ziel einer Influencer-Kampagne mehr Traffic auf der Seite ist, sind Sitzungen oder Seitenaufrufe Kennzahlen, die sich anbieten. Wenn man eine hohe Reichweite erzielen will, sind Impressionen oder Views eine gute Kennzahl. Bei Medien, die den Nachweis schwierig machen (wie Instagram Stories, wo Gepostetes nach 24 Stunden wieder verschwindet), liegt die Verantwortung beim Influencer, rechtzeitig entsprechende Screenshots zu machen.
Wie man mit Influencern richtig umgeht – Ein kleiner Leitfaden
Influencer Relations funktionieren anders als klassische Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations). Die wirklich einflussreichen Online Influencer lassen sich weder durch Pressemitteilungen begeistern, noch mit bezahlten Sponsoren-Beiträgen. Laut einer Studie der Werbeagentur Jung von Matt geht es den Influencern eher um die Marke, als um das Honorar, da sie sich als eigenständige Marken- und Kreationsmedien verstehen. 73% aller Influencer wünschen sich daher in Kampagnen Gestaltungsfreiräume. Da sie innerhalb ihrer Community auch einen Ruf zu verlieren haben, ist ihnen ihre Neutralität und Authentizität besonders wichtig, es geht ihnen vor allem um Anerkennung, Reputation und um einen Dialog auf Augenhöhe mit dem Auftraggeber.
Daher sollte man bei der Zusammenarbeit mit Influencern Folgendes beachten:
- Auftraggeber sollten nicht versuchen, den Influencer unter Druck zu setzen. Die „kreative Freiheit“ ist Influencern besonders wichtig.
- Influencern ist das Interesse an ihrer Arbeit besonders wichtig, darum sollte man auch als Auftraggeber darauf achten, Beiträge zu kommentieren, zu liken etc. So kommt ein Dialog zu Stande, der die Basis für eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist.
- Ein Mehrwert (abgesehen vom Honorar) ist für den Influencer ein weiterer Anreiz. Das können zum Beispiel exklusive Angebote, unveröffentlichte Informationen oder für die Community relevantes Wissen sein.
Beliebte Tools im Influencer Marketing
Viele Unternehmen finden den passenden Influencer auf dem klassischen Weg: Sie suchen sich einen Influencer auf der Plattform ihrer Wahl, schreiben ihn an, verhandeln die Preise, überweisen das Honorar und lassen den Influencer dann mal machen. Eine einfachere und professionellere Methode sind Influencer Marketing Tools wie Tapinfluence, Upfluence oder Famebit (gehört zu YouTube). Mit diesen Tools kann man Influencer finden, die wirklich zum Unternehmen und der Zielgruppe passen, und auch die Organisation fällt leichter. Auf Famebit können Influencer wiederum Sponsoren finden.
Ein weiteres Tool, um den geeigneten Influencer für sein Produkt zu finden, ist die Suchmaschine Influma.com. Auf dieser Seite kann man eine thematische Suche starten und sieht auf den ersten Blick die Interaktionsraten auf den verschiedenen Social Media Plattformen. Die Ergebnisse kann man dann in persönlichen Themen-Listen speichern und außerdem Alerts anlegen, um über interessanten Neuigkeiten zu einem Thema oder Influencer informiert zu werden. Durch die Integration der eigenen Social Media Profile kann man mit Influencern auch direkt in Kontakt treten.
Es gibt mittlerweile schon eine ganze Reihe an Influencer Marketing Tools. Es ist aber gar nicht immer notwendig oder sinnvoll, nur einen Influencer mit vielen Followern für seine Kampagne zu gewinnen. Manchmal eignen sich auch mehrere Micro-Influencer sehr gut, weil sie innerhalb der Zielgruppe besser vernetzt sind die Honorare sich in anderen Dimensionen befinden. Außerdem gibt es immer mehr Influencer, das macht es für Unternehmen zunehmend einfacher, den passenden Influencer zu finden.
Weitere interessante Links zum Thema:
Wenn Influencer Marketing nach hinten los geht: https://www.stern.de/neon/vorankommen/das-ging-daneben–milka-und-die-peinliche-instagram-kampagne-7842438.html